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18.12.2025

Der Anwendungsbereich des § 64 Einkommensteuergesetz, der verhindern soll, dass Kindergeld an mehrere Berechtigte ausgezahlt wird, ist nicht eröffnet ist, wenn der Kindergeldanspruch eines Elternteils bereits bestandskräftig abgelehnt wurde. Denn dann bestehe die Gefahr einer Mehrfachzahlung nicht, argumentiert das Finanzgericht (FG) Münster.

Geklagt hatte die Mutter eines Kindes, das nach der Trennung der Eltern zunächst in ihrem Haushalt lebte. Von Juli bis Dezember 2023 (Streitzeitraum) wechselte das Kind in den Haushalt seines Vaters. Dessen Antrag auf Gewährung von Kindergeld für den Streitzeitraum lehnte die Familienkasse 2024 bestandskräftig ab. Im Jahr 2025 hob sie sodann die Kindergeldfestsetzung gegenüber der Mutter auf. Die Begründung: Nach § 64 Absatz 1 EStG werde für jedes Kind nur einer Person Kindergeld gezahlt. Da der Vater das Kind in seinen Haushalt aufgenommen habe, sei er grundsätzlich vorrangig anspruchsberechtigt und schließe die Mutter von der Kindergeldzahlung aus.

Das FG Münster hat der hiergegen gerichteten Klage stattgegeben. Bei leiblichen Kindern sei – im Gegensatz zu Kindern des Ehegatten oder Enkeln – die Haushaltsaufnahme eines Kindes keine Anspruchsvoraussetzung für einen Kindergeldanspruch. Treffen jedoch mehrere Ansprüche zusammen, werde das Kindergeld gemäß § 64 Absatz 2 Satz 1 EStG demjenigen Berechtigten gezahlt, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen habe. Dies solle eine Mehrfachzahlung verhindern (vgl. § 64 Absatz 1 EStG).

Im Streitfall sei der Anwendungsbereich des § 64 EStG jedoch nicht eröffnet. Zwar habe der Vater das Kind ebenfalls in seinen Haushalt aufgenommen. Er sei aber nicht Berechtigter im Sinne des § 64 EStG. Einem möglichen Anspruch des Kindesvaters stehe die bestandskräftige Ablehnung seines Antrags durch die Familienkasse entgegen. Selbst wenn diese Ablehnung lediglich aus formalen Gründen erfolgt sei und dem Grunde nach ein Anspruch des Vaters für den Streitzeitraum bestanden habe, könne dies zu keinem anderen Ergebnis führen. § 64 Absatz 1 EStG solle eine Doppelzahlung von Kindergeld verhindern. Bei einer bestandskräftigen Ablehnung gegenüber einem Elternteil bestehe im Regelfall aber keine Gefahr einer Doppelzahlung.

Finanzgericht Münster, Urteil vom 28.11.2025, 7 K 615/25 Kg, AO