Zurück

28.01.2022

Umsätze einer Bäckerei mit Filialen in "Vorkassenzonen" eines Supermarkts: Unterliegen dem Regelsteuersatz

Verkauft eine Bäckerei in Filialen, die sich teilweise in "Vorkassenzonen" eines Supermarkts befinden, Speisen zum Verzehr vor Ort auf Mehrweggeschirr und mit Mehrwegbesteck, das es nach dem Verzehr der Speisen zurücknimmt und reinigt, führt sie damit (ebenso wie ein Partyservice) sonstige Leistungen aus, die vor Inkrafttreten des § 12 Absatz 2 Nr. 15 Umsatzsteuergesetz (UStG) dem Regelsteuersatz unterlagen. Dies stellt der Bundesfinanzhof (BFH) klar.

Er verweist darauf, dass er zum Beispiel bereits entschieden habe, dass die Abgabe von standardisiert zubereiteten Speisen durch einen Imbissstand zum Verzehr an einem Tisch mit Sitzgelegenheiten zu einem dem Regelsteuersatz unterliegenden Restaurationsumsatz führt und dass die Schwelle zum Restaurationsumsatz überschritten sei, weil die Bereitstellung von Geschirr, Besteck oder Mobiliar (Tische mit Sitzgelegenheit) – im Unterschied zur bloßen Bereitstellung einer behelfsmäßigen Infrastruktur im Falle von Imbissständen, Imbisswagen oder Kinos – einen gewissen personellen Einsatz erfordere, um das gestellte Material herbeizuschaffen, zurückzunehmen und gegebenenfalls zu reinigen.

Danach sei es im hiesigen "Bäckerei-Fall" revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, auf die Umsätze der KG aus dem Verkauf von Backwaren und Fast-Food zum Verzehr vor Ort in den mit Sitzgelegenheiten ausgestatteten Filialen der KG den Regelsteuersatz anzuwenden.

Das Finanzgericht (FG) habe angenommen, bei einer Gesamtbetrachtung der durch die Bäckerei im Fall des Verzehrs vor Ort erbrachten Leistungselemente stünden die Dienstleistungselemente im Vergleich zu den Elementen einer Lieferung von Speisen im Vordergrund. Die Bäckerei habe den Kunden nicht nur Backwaren und Fast-Food verkauft, sondern diesen gegenüber auch zusätzliche Dienstleistungen erbracht, indem sie neben der Zubereitung der standardisierten Produkte zum Verzehr der Speisen Tische und Sitzmöglichkeiten sowie Tassen, Geschirr und Besteck zur Verfügung gestellt habe und sowohl das Mobiliar als auch das Geschirr gereinigt habe. Das in und um die angemieteten Filialen durch die Bäckerei aufgestellte Mobiliar sei sowohl aus objektiver Empfängersicht als auch nach den objektiven Gegebenheiten ausschließlich zur Nutzung durch die Kunden der Bäckerei bestimmt gewesen. Aufgrund dieser durch die Bäckerei erbrachten Dienstleistungen trete der Dienstleistungscharakter in den Vordergrund, obwohl in einigen Filialen der Bäckerei keine Garderoben und Toiletten vorgehalten worden seien und überdies kein Kellnerservice (im Sinne einer Bedienung am Sitzplatz) bestanden und es an einer völligen räumlichen Trennung der Vorkassenfilialen von den Vorkassenbereichen der Lebensmittelmärkte, in denen sie untergebracht waren, gefehlt habe. Durch die Gestellung von Tischen und Stühlen, Geschirr und teilweise auch Dekoration sowie die Erbringung von Reinigungsleistungen im Hinblick auf diese Gegenstände sei die Gesamtleistung der Bäckerei aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers dennoch als Restaurationsleistung und damit Dienstleistung zu qualifizieren. Der personelle Einsatz könne (insbesondere im Vergleich zu dem erforderlichen personellen Einsatz im Falle eines Außer-Haus-Verkaufes) nicht mehr als nur geringfügig angesehen werden. Denn die Reinigung des Geschirrs, der Tische und Stühle sowie das Aufbringen der Dekoration gehe deutlich über die Herstellung, Zubereitung und den Verkauf der zum Verzehr vor Ort bestimmten Backwaren hinaus und binde Arbeitskraft. Das gefundene Ergebnis entspreche außerdem dem Grundsatz, dass Bestimmungen, die Ausnahmen von einem allgemeinen Grundsatz darstellen, eng auszulegen sind, so das FG abschließend.

Diese Würdigung ist laut BFH möglich. Sie verstoße weder gegen Denkgesetze noch gegen Erfahrungssätze und binde daher den BFH.

Bundesfinanzhof, Beschluss vom 15.09.2021, XI R 12/21 (XI R 25/19)