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18.10.2021

Besetzung der Vizepräsidentenstelle am BFH: Auswahlentscheidung muss neu getroffen werden

Die Auswahlentscheidung über die Besetzung der Vizepräsidentenstelle des Bundesfinanzhofes (BFH) muss neu getroffen werden. Das Verwaltungsgericht (VG) München hat den Eilanträgen dreier Bewerberinnen und Bewerber für den Posten stattgegeben. Der Bundesrepublik Deutschland wurde untersagt, diese Stelle mit der vorgesehenen Bewerberin zu besetzen, bis eine neue Auswahlentscheidung getroffen worden ist.

Am BFH ist seit 01.10.2020 das Amt des Vizepräsidenten/der Vizepräsidentin vakant. Auf diese Stelle bewarben sich unter anderem die Präsidentin eines Finanzgerichts (FG) sowie Vorsitzende Richterinnen und Vorsitzende Richter am BFH. Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) hat auf Grundlage der dienstlichen Beurteilungen der Bewerberinnen und Bewerber die Präsidentin des FG als leistungsstärkste Bewerberin ausgewählt.

Gegen diese Auswahlentscheidung sind vier Konkurrenten um die Stelle gerichtlich vorgegangen. Das VG hat den Eilanträgen stattgegeben, weil es die konkret durchgeführte Auswahlentscheidung für rechtswidrig erachtet. Das BMJV sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass der ausgewählten Bewerberin der Vorrang einzuräumen sei, obwohl ihr aktuelles Amt als Präsidentin eines FG in einen niedrigeren beamtenrechtlichen Status (Statusamt R 5) eingestuft ist als die Ämter der Konkurrenten des BFH (Statusamt R 8). Denn insofern sei schon keine Gleichwertigkeit der aktuellen Ämter gegeben.

Auch wenn die ausgewählte Bewerberin und die Konkurrenten in ihren aktuellen Beurteilungen jeweils die Spitzennote erhalten hätten, gelte dennoch der Grundsatz des Leistungsvorrangs des höheren Statusamtes. Danach sei die Eingruppierung in ein höheres Statusamt regelmäßig Ausdruck gesteigerter Anforderungen und einer größeren Verantwortung im höherrangigen Amt. Das BMJV habe nicht ausreichend begründet, weshalb insofern eine Ausnahme vorgelegen habe und weshalb die ausgewählte Bewerberin trotz ihrer niedrigeren Eingruppierung über einen Leistungsvorsprung gegenüber den Konkurrenten verfüge.

Das vom BMJV dabei unter anderem angeführte Argument, die ausgewählte Bewerberin habe bis 2017 das Amt einer Staatssekretärin (Statusamt B 8) innegehabt, greife nicht durch, denn es sei allein das aktuelle Statusamt maßgeblich. Schon aus diesen Gründen müsse die Auswahlentscheidung neu durchgeführt werden. Auf das von den Antragstellern – und auch in der öffentlichen Diskussion um die Auswahlentscheidung – in den Vordergrund gestellte Argument, das aktuelle Anforderungsprofil für die Vizepräsidentenstelle sei rechtswidrig, weil ein wesentliches Auswahlkriterium, die fünfjährige Bewährung und Erfahrung als Richter an einem obersten Bundesgericht, darin nicht (mehr) enthalten gewesen sei, komme es deshalb für die Entscheidung des VG nicht an. Das Gericht habe sich daher mit dieser Frage in seinen Entscheidungen auch nicht vertieft befassen müssen.

Das VG äußerte hierzu aber in den Beschlüssen, dass es grundsätzlich im Organisationsermessen des Dienstherrn liege, das Anforderungsprofil im Interesse einer effektiven Verwaltung festzusetzen. Durch das aktualisierte Anforderungsprofil sei der Bewerberkreis erweitert worden, wodurch die Antragsteller, die auch das erweiterte Anforderungsprofil erfüllen, nicht in ihren Rechten verletzt würden. Denn einem Leistungsvergleich als zentrales Element der Auswahl könne sich ein Konkurrent nicht entziehen. Die Abänderung des Anforderungsprofils, die abstrakt und unabhängig von dem vorliegenden Stellenbesetzungsverfahren erfolgt sei, erscheine nach den Darlegungen des BMJV zum diesbezüglichen Austausch im Richterwahlausschuss auch durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt und daher nicht willkürlich.

Gegen die drei Entscheidungen können die Bundesrepublik Deutschland und die ausgewählte Bewerberin innerhalb von zwei Wochen Beschwerde beim Bayerischen Verwaltungsgerichthof einlegen. Hinsichtlich des vierten Eilantrags einer weiteren Konkurrentin wird das VG zu späterem Zeitpunkt entscheiden.

Verwaltungsgericht München, Beschlüsse vom 14.10.2021, M 5 E 21.1208, M 5 E 21.1307, M 5 E 21.1388, nicht rechtskräftig